Bessie Head will mit ihrem schriftstellerischen Werk die Grenzen der Apartheid,
des Rassismus niederreißen, indem sie sich auf den einzelnen Menschen konzentriert,
unabhängig von seiner Hautfarbe. Sie will nicht nur beschreiben, sondern
die Menschen lebendig machen. Ihre Erzählungen zeigen ihr ganzes Können:
Die Charaktere sind lebensnah, fast greifbar. Die Leser versinken für eine
kurze Zeit in die hier geschilderte Welt und können sich dem nachhaltigen
Einfluß der Aussagen kaum entziehen. Die Geschichten, die sich die Autorin
ausgedacht oder auch wahren Begebenheiten nachempfunden hat, lassen einen
schwerlich los. Ergriffen liest man Geschichten wie "Orangen und Zitronen",
in der ein bis dato redlicher, in einem Township lebender Familienvater
durch seine Leidenschaft zu einer Prostituierten in den Ruin getrieben
wird, oder "Mit der Scholle verwachsen", in der die Inbesitznahme schwarzen
Landes durch weiße Missionare und Siedler aufs Korn genommen und ein Stück
südafrikanischer Geschichte neu geschrieben wird. Hier setzt sich die Autorin
auch mit der unterschiedlichen Kolonialpolitik durch Buren und Engländer
auseinander sowie dem Wunsch der schwarzen Elite, sich englischen Sitten
und Gebräuchen innerlich und äußerlich anzupassen. Doch in dem Machtpoker
der Weißen spielten die Schwarzen nur eine untergeordnete Rolle und hatten
trotz aller Adaptation am Ende das Nachsehen. In "Die Frau aus Amerika"
geht es um Vorurteile gegenüber einer schwarzen Amerikanerin, die durch
die Heirat mit einem Mann aus einem Dorf plötzlich zur Gemeinschaft gehört
- und auch nicht. Skeptisch stehen die Dorfbewohner dem "Eindringling"
gegenüber, nur die Ich-Erzählerin nähert sich der Fremden, spricht mit
ihr, lernt sie kennen und schätzen. Bessie Head hat nicht nur Fiktion aufs
Papier gebannt, sondern wollte auch die Geschichte ihres Volkes festhalten.
Gerade in diesem Punkt war sie sehr modern: Früh erkannte sie, daß die
Nicht-Weißen Afrikas dafür Sorge zu tragen haben, daß Historie nicht einseitig
betrieben wird, sondern der Objektivität verpflichtet sein muß. Alle hier
versammelten Geschichten und Zeitungsartikel bestechen durch die Fähigkeit
der Autorin, sich in aller Kürze auf wesentliche Charakterzüge und Ereignisse
zu beschränken und trotzdem komplex über menschliche Beziehungen schreiben
zu können. Die Personen prägen sich ein, an die beschriebenen Episoden
erinnert man sich noch lange nach der Lektüre, die Aussagen überzeugen
dank der genauen Beobachtungsgabe und Redlichkeit ihrer Verfasserin.