Auffällig, nicht angepasst, geistig zurückgeblieben oder schlicht "asozial" - es brauchte nicht viel, um im Rahmen des "Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nchwuchses" von 1933 zwangssterilisiert zu werden. Die "Ausmerzung" sogenannter Erbkrankheiten gehörte zu den obersten Anliegen der nationalsozialistischen Machthaber. Und in den weit überwiegenden Fällen traf es diejenigen, die eigentlich eines besonderen Schutzes bedurft hätten: die Kinder aus kaputten Familien, die alkoholabhängigen, die armen Kranken, die sich eine angemessene medizinische Versorgung nicht leisten konnten. Für diese Menschen gab es Heime in kirchlicher Trägerschaft, die Arbeit, Obdach und Fürsorge boten - und die häufig nur zu bereit waren, die Pläne der Nationalsozialisten zu unterstützen. Steffen Meyer hat anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Diakonischen Heime in Kästorf in den Archiven geforscht. Seine Untersuchung macht an einem Beispiel deutlich, wie Seelsorger und Ärzte zu dem Versuch beigetragen haben, die "Rassenhygiene" zu vollstrecken. Eine lokalhistorische Studie mit diakoniegeschichtlichem Hintergrund, die weit über Einzelerscheinungen hinausweist.