"Marquise de Sade" von Rachilde ist ein faszinierendes Werk der französischen Literatur des Fin de Siècle, das mit seiner sinnlichen, provokativen und zugleich tiefgründigen Erzählweise Leserinnen und Leser bis heute in seinen Bann zieht. Rachilde, eine der außergewöhnlichsten Stimmen der Dekadenz, entwirft in diesem Roman das schillernde Porträt einer Frau, die sich ihrer Sehnsucht, ihrer Macht und ihrer Körperlichkeit kompromisslos hingibt.
Im Mittelpunkt steht die geheimnisvolle Marquise, eine Frau, die ebenso schön wie rätselhaft ist. Sie bewegt sich mit spielerischer Leichtigkeit zwischen Lust und Schmerz, Dominanz und Hingabe, stets auf der Suche nach einer Existenz jenseits konventioneller Moral. Mit einem Hauch von Skandal und einem tiefen Verständnis für die Abgründe und Wünsche der menschlichen Seele gelingt es Rachilde, die Leser*innen in eine Welt der Sinnlichkeit, des Begehrens und der Tabubrüche zu entführen.
Die Sprache des Romans ist elegant, zuweilen poetisch und von einer berauschenden Intensität, die das sinnliche Erleben der Protagonistin fast körperlich spürbar macht. "Marquise de Sade" ist nicht nur eine Hommage an den berühmten Marquis de Sade, sondern vielmehr eine eigenständige Reflexion weiblicher Lust, Macht und Identität. Rachilde gelingt es, mit subtiler Ironie und einer außergewöhnlichen psychologischen Tiefe das Bild einer Frau zu zeichnen, die sich den gesellschaftlichen Zwängen ihrer Zeit widersetzt und ihre eigene Form von Freiheit sucht.